57. noch mal teddy

 57. noch mal teddy


Stephanie: Ich konnte es mir nicht vorstellen. Dieser Mist, den man heutzutage in Galerien zeigt. Könnt ihr euch denken, dass man ein Wohnzimmer zum Kunstwerk erklärt? Ich meine, man sollte doch auf dem Teppich bleiben. So was soll Gegenwartskunst sein? Damit habe ich nichts am Hut. Es ist keine Überraschung, dass er die Stadt verlassen hat; denn niemand konnte verstehen, was er machte.


Lisa: Ich unterhielt mich mit einer Frau, die mir alles über ihre Sucht nach den Antidepressiva

Lithoren, Tetratol, Demerol und Xanex berichtete, wie sie manchmal nicht genug kriegen

konnte, wie sie die Ärzte immer belogen hat um noch mehr verschrieben zu bekommen.

Ich erzählte ihr, wie ich von einem Ford Galaxy angefahren wurde und über meine jahrelange

Therapie. Wir verstanden uns gut, denn wir sind beide irgendwie behindert.


Pierre: Ich war gerade aus dem Kongresszentrum gekommen, in dem meine Firma die neuesten

Produkte, nämlich kalifornischen Sekt und Engelhaarnudeln, auf der Messe für exotische

Nahrungsmittel zeigte. Wir haben den Eröffnungswein gespendet.


Teddy: Also Pete, du hast in der Galerie dein Leben zur Schau gestellt, Collagen von dir in Freikörperposition, die T-Shirts mit deinen in mehreren Sprachen darauf gedruckten Abschiedsbriefen.


Pete: Zwar neige ich nicht zu Gewaltausbrüchen, aber ich möchte diese Nacktbilder abreissen

und ihm mit dem gelben Dildo einen verpassen. Dieses Mal geht er einfach zu weit.


Teddy: Lisa, du bist Künstlerin?


Lisa: Eigentlich nicht. Man bezeichnet mich zwar so, aber nur, weil man kein anderes Wort gefunden

hat. Das Art-Angles-Ding sollte einfach Aufmerksamkeit erregen. Wenn der

Dienst an der Gemeinschaft Kunst ist, bin ich wohl Künstlerin. Ich bin in Sacramento um

eine Kommune zu gründen. Ich bin ein Kind von Gogo.


Tom: Nun, ich bin Künstler. In der heutigen Kunstwelt kommt es darauf an, wen man kennt,

wie in jedem Beruf, allerdings viel, viel schlimmer. Man kennt keine Skrupel, jemandem

in den Arsch zu kriechen, Speichel zu lecken oder Sex zu haben auf dem Weg zum Ziel,

denn man kann daraus Kunst machen. Leben ist Kunst.


Billy: Dem möchte ich nicht zustimmen. Betrachten wir meinen Vater: Steuerhinterziehung,

Terrorismus und ein Sexskandal. Die Welt der Religion ist genauso schlecht, ausser dass

man nicht Kritik übt, sondern moralisiert. Zumindest kann man in der Welt der Kunst

diese Themen ausschlachten. Kunst ist Leben.


Teddy: Denkst du, du wurdest als Kind missbraucht?


Billy: Ja. Jetzt kann ich, da mein Vater ja im Gefängnis sitzt, wieder frei atmen ohne den Zorn

Gottes zu fürchten und Sex haben, wann immer ich will.

Pierre: Ich verbrachte eine völlig normale Kindheit. Deshalb bin ich heute so erfolgreich. Unsere

Firma bedient Menschen, die sich auf jede mögliche Art ein gutes Leben kaufen wollen,

auch mit ihren Nahrungsmitteln. Alles muss Markenware sein.


Teddy: Was passierte dann?


Pierre: Ich betrachtete die Glühbirne auf dem Computer und hielt sie für ein gutes Logo für eine

Firma. Dann allerdings schien es mir nicht ratsam sich auf Esoterik einzulassen. Die Leute

stellen sich alles Mögliche vor, so zum Beispiel, dass wir mit dem Teufel im Bunde stehen.


Stephanie: Ich war froh, dass jemand protestierte. Ich stimme nämlich mit ihm überhaupt nicht überein.

Ich war wirklich erschrocken, als der Prediger die Madonna auf das Kunstwerk schleuderte,

wenn man das so bezeichnen soll. Ich wünsche fast genauso gehandelt zu haben.


Pierre: Worum ging’s denn dabei? Ich stand gerade am Büffet, als es passierte.


Teddy: Du warst draussen und hast hineingeschaut?


Pete: Ja, als das Desaster seinen Anfang nahm. Es war ziemlich lustig, bis die strengen Bibelleser sich provoziert fühlten und gewalttätig wurden. Es begann mit dem Sprung einer der Sängerinnen vom Kirchenmobil. Man vermutete wohl, dass sie angegriffen worden war.


Stephanie: Auch ich habe es gesehen. So konnte ich beobachten, wie der Prediger der Frau ins Gesicht schlug. Sie hat wirklich provoziert, sich in Szene gesetzt und ihre Spitzenunterhosen gezeigt. Sie hat es verdient.


Lisa: Nur Kranke wie du meinen, dass man wirklich kranken Menschen ins Gesicht schlagen

soll. Du würdest sie wohl am liebsten zusammentreiben und erschiessen.


Stephanie: Ja, klar, besonders in ihrem Fall. Dieser viele Schund, den man heute als Kunst bezeichnet.


Teddy: Du wurdest also als Kind geschlagen.


Billy: Mein Vater war sehr streng. Einmal erhielt ich Prügel, weil ich mich rückw.rts bekreuzigte. Das hab’ ich danach nie wieder gemacht.


Teddy: Was hat dich eigentlich geritten solch eine Aktion zu starten?


Lisa: Ich war sehr enttäuscht darüber nicht beachtet zu werden. Sicher hat in der Kunstwelt

Aufsehen erregt, dass sie sich Art Work, Art Crowd. nannten.


Teddy: Wie bist du zum Schauplatz gekommen?


Lisa: Ich traf meine Cousine Sally im Stadtzentrum, als ich sehen wollte, wie meine Nichte

Crystal ihre Chornummer bei diesem Popen abziehen würde. Sally und ich wollten

protestieren. Es ist schwer zu verstehen dass sie sich überhaupt darauf eingelassen hat.

er immerhin trug sie dazu bei die Kirche zu zerstören, nicht wahr, Billy Bob?


Teddy: Du warst auch dabei?


Tom: Plötzlich entstand ein Tumult. Kunst, Plünderung, Sex und Gewalt. Realzeit. So etwas

hatte ich noch nie erlebt. Eine bessere Werbung ist kaum vorstellbar.


Teddy: Wie hast du es erlebt?


Pete: Ich ging, bevor die Statue zerstört wurde. Ich habe es kommen sehen und wollte nichts damit zu tun haben. Eigentlich wollte ich seine Show gar nicht sehen, aber ich glaubte mein Gesicht wahren zu müssen. Ich wollte ihnen klarmachen, wessen Arsch fotografiert wurde und an der Wand hing. Deshalb gab er mir den Spitznamen Peach.


Pierre: Mir erging es weniger gut. Anscheinend ergriffen alle Partei und änderten dann ihre Meinung. Nachdem ich auf den Büffettisch gestossen worden war, kämpfte ich nur noch um

mein Leben. Als ich endlich draussen war, stiessen mich einige Blödmänner wieder zurück.


Teddy: Wie fing alles an?


Lisa: Drei aus meiner Familie fanden heraus, dass sie alle mit einem Typ eine Beziehung hatten.

Sie waren sozusagen die Funken, die eine Kettenreaktion auslösten. Als sie anfingen

eine Show zu machen wollten alle mitmachen und sich auch darstellen. Wahrscheinlich

suchte sich eine Menge analer Aggression ein Ventil.


Tom: Danach fühlte ich mich erleichtert.


Teddy: Ich wette, dass du am lautesten geschrieen hast.


Stephanie: Nein, das war ich.


Teddy: Was habt ihr danach gemacht?


Pete: Ich arbeite beim Staat, bin also dauernd im Urlaub.


Billy: Ich habe Gelegenheitsjobs: Schwimmbadreinigung, Auftritte als Weihnachtsmann. Ein

ständiges Auf und Ab. Ich lerne hübsche Mädchen kennen. Andererseits muss ich mich

vor Strassenräubern in Acht nehmen. Zum Glück beherrsche ich die Kunst der Selbstverteidigung.

Die hat mich mal gerettet, als ich Geld für Bedürftige sammelte.


Pierre: Ziemlich das gleiche: Kongresse, Kundenwerbung, Produktionsverlagerung und Vorbereitung

des nächsten Kongresses der jungen Millionäre in Fairfield.


Tom: Habe meine Arbeiten in der Bibliothek. Die richtigen Leute kennen lernen. Nach oben

kommen. Ich muss ständig mein Selbstbewusstsein auf hohem Niveau halten.


Stephanie: Teilnahme an einem E. S.T.-Selbsterfahrungsgruppe, in dem ich Knoten binden muss.

Lisa: Entwicklung meiner eigenen Religion.


Teddy: Was ist Kunst? Darüber diskutieren wir mit Gästen nach der Pause. Bleiben Sie dran!






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