35. rickie oder winnie

 35. rickie oder winnie


Rickie: Heute spreche ich mit starken Frauen, die ihre Stärken vielfach unter Beweis gestellt haben.

Norma, kürzlich sah ich dich in der ‚Sacramento Bee‘ abgebildet. Was hast du dabei empfunden,

über Weltpolitik interviewt zu werden, als ob du etwas davon verstündest?


Norma: Komisch, dass du mich fragst. Vor einigen Tagen interviewte mich ein Journalist zum Konflikt

im Mittleren Osten und ich meinte, dass dort schon lange der Rassismus ein Problem

darstelle. Erst später wurde mir klar, dass er von einer anderen Weltregion sprach.


Gogo: Immer wieder stellt man mir Fragen zu den Olympischen Spielen. Ich glaube immer noch,

es handele sich um eine faschistische Organisation. Ich gründete eine Kommune, nahm

den Namen Gogo an und zog mich aus der Welt zurück. Man muss wirklich klug sein, wenn

man in einem System arbeitet um es zu verändern.


Edith: Ich hatte immer alles im Griff. Achtzehn Jahre lebte ich mit Mann und Drillingen zusammen.

Doch dann änderte sich alles. Mein Mann kam ins Gefängnis, die Drillinge zogen aus.

Jetzt muss ich stark sein, denn ich bin allein.

Avon: Meine Arbeitsstelle war eine Schnellgaststätte. Seht mich mal an! Wegen meines Übergewichts

werde ich sie verklagen, denn, wenn ich da nicht gearbeitet hätte, wäre ich bestimmt

nicht so unförmig.


Vivian: Meine Kunden erzählen mir alles: von Wetterberichten bis zum Schicksal gelangweilter

Hausfrauen; ich erfahre sehr viel Persönliches.


Rickie: Zum Beispiel?


Vivian: Sie teilen mir mit, ob ihre Ehemänner gute Liebhaber sind, was sie gefühlsm.ssig bewegt,

ob sie fremdgehen, wenn ihre Kinder süchtig sind oder beruflich erfolgreich. Alles bleibt

natürlich streng vertraulich. So kommen sie auch immer wieder.


Gogo: Wir sind nicht radikal. Wir stammen alle von einer Mutter ab nach der Theorie der explodierenden

Muschi. Wir wachsen auf natürliche Weise und haben Teil an einem gemeinsamen Weltbewusstsein.

Wir müssen einfach Verantwortung übernehmen, für Ziele verantworlich sein.


Winnie: Dolly, du hattest mit vielen Sozialproblemen zu tun. Welches war das interessanteste?


Dolly: Na, der Vorfall mit dem Toilettenpapier war bezeichnend. Dass so viele ihre Meinung äusserten,

war sehr aufschlussreich. Ausserdem noch diese endlosen Fragen Jugendlicher.

Wann endlich werden Eltern verantwortlich handeln und ihre Kinder aufklären? Allmählich

bin ich der blöden Fragerei zur Sexualität überdrüssig.


Rickie: Jeanie, du warst Strafgefangene.


Jeanie: Fast wäre ich zu Gefängnis verurteilt worden. Aber ich habe mich mit der Firma aussergerichtlich

geeinigt. Dass junge Leute nicht mehr versklavt werden wollen, habe ich nicht rechtzeitig

erkannt. Deshalb wurde ich verhaftet.


Rickie: Was haltet ihr denn von Revolutionen? Norma, wie würdest du die Welt verändern?


Norma: Wenn du es wirklich wissen willst: durch bessere Gesundheitsfürsorge. Wahrscheinlich wäre

dadurch der grösste Wandel möglich.


Dolly: Durch Abschaffung des Militärs. Weg mit den Scheisskerlen! Die sollen in ihren Kriegsmaschinen

verrecken!


Edith: Durch kostenlose Bildung, Hausunterricht, für den die Lehrkräfte bezahlt werden. Ich hab’

den Fehler begangen, meine Kinder staatliche Schulen besuchen zu lassen. Da haben die

Drillinge die verrücktesten Ideen aufgeschnappt.

Avon: Durch das Recht etwas Nützliches zu tun und nicht so was Blödes wie ich, also jahrelang in

einer Spelunke zu arbeiten. Was es mir gebracht hat, waren jede Menge Kalorien und viele

Spitznamen.


Jeanie: Die etablierten Religionen abschaffen. Alle sollten nach ihrer Fasson selig werden so wie

ich, der ich beispielsweise New-Age-Anhänger bist. Deshalb werde ich auch wieder auf die

Beine kommen.


Winnie: Gogo?


Gogo: Kein Toilettenpapier mehr benutzen.


Rickie: Und was meinst du, Vivian? Du überlegst wohl noch.


Vivian: Das Gesundheitssystem sollte die Bezahlung von Schönheitsoperationen nicht ausschliessen

und der Konsum weicher Drogen sollte legal sein.


Rickie: Deiner Meinung nach sollten die Leute das Recht auf Schönheit haben, Haschisch rauchen

und Kokain schnupfen dürfen.


Vivian: Warum denn nicht? Sie verkaufen’s ja auch.


Winnie: Was war letztes Jahr euer peinlichstes Erlebnis? Jeanie, fangen wir mit dir an.


Jeanie: Fast hätte ich meine Assistentin umgebracht, und zwar in einem Egbert – Psychologieseminar

in Mill Valley. Ich hatte einen Strick nicht richtig festgezogen, so dass sie vom Kliff

stürzte. Schrecklich!


Norma: Als Darstellerin bei einer Gala stolperte ich und fiel von der Bühne. Ich hatte aus Leibeskräften

gesungen und eine Requisite übersehen. Das Witzige daran war, dass die Zuschauer

das offensichtlich für einen Teil der Show hielten, denn ich wurde später von niemandem auf

den Vorfall angesprochen,


Avon: Als ich mich auf einem Fotoroid-Schnappschuss in einer Kunstgalerie erblickte. Die Wirklichkeit

zu akzeptieren fällt manchmal schwer. Nach aussen scheine ich vielleicht sehr souverän zu

sein, bin aber eigentlich eher unsicher. Deswegen esse ich für mein Leben gern. So ist es eben.

Edith: Als die Wahrheit über meine Sexualpraktiken ans Licht kam. Ich hatte nicht wissen können,

dass die sogar bei Gericht eine Rolle spielen würden. Er musste die Striemen auf seinem

Rücken erklären. Unser letztes Treffen war sehr intensiv gewesen. Wahrscheinlich hatte er

geahnt, dass sich das Ende näherte und er hatte besonders bestraft werden müssen.


Rickie: Und du, Dolly?


Dolly: Nur ungern möchte ich das preisgeben, denn sonst würde ich bei meinen Lesern unglaubwürdig

werden. Ich war mal auf einem Gehweg ausgerutscht und in einem Haufen welker

Blätter gelandet. Sehr unangenehm! Ich stand auf und ging weiter, als ob nichts passiert

wäre. Merkwürdig war, dass ich kurz vorher gesehen hatte, wie ein Radfahrer gegen einen

Plastikpoller gerast war. Der hat sich bestimmt über mich gelacht.


Vivian: Bin ich dran? Na ja, meist verdränge ich so was. Muss noch nachdenken.


Winnie: Gogo?


Gogo: Auf der Strasse sprach mich in einem ungünstigen Augenblick ein Bettler an, als ich nämlich

gerade kein Geld hatte. Einen Penny, den mir ein Eichhörnchen gegeben hatte, konnte

ich ihm noch schenken. Er schluckte ihn runter, als ob er sich über mich lustig machen

wollte. Ich fühlte mich sehr unwohl ihm nicht mehr haben geben können.


Winnie: Vor der Pause noch folgende Frage: Angenommen, ihr würdet nur noch einen Monat leben.

Sagt bitte, was ihr tun würdet!


Edith: Beten.


Vivian: Einkaufen.


Avon: Essen.


Jeanie: Sex haben.


Rickie: Das sind aber zwei Wörter. Du meinst: vögeln.


Jeanie: Ja, aber ‚vögeln‘ klingt so grob.


Norma: Singen.


Dolly: Schreiben.


Ricky: Bin gleich wieder da.


Gogo: Tanzen.





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